Heute dürfen wir Ihnen von Rosmarie Kienle geb. Stadelmann erzählen. Am 6. Juni 1930 wurde sie als 6. von 11 Kindern in Sibratsgfäll im Bregenzerwald geboren. Sie ging in Sibratsgfäll zur Schule und zu ihren Lieblingsbeschäftigungen zählte Lesen und Skifahren. Wie alle in der Familie half auch Rosmarie schon als Kind in der elterlichen Landwirtschaft mit. Sie erzählte von diesen Arbeiten immer mit einem Lächeln im Gesicht - die Arbeit war ihr nie zu viel oder zu anstrengend. Vor allem das Fuhrwerk und das Pferd Bläss waren ihr immer wichtig und mit großem Stolz hielt sie damals die Zügel in der Hand.
Der Wirt und Witwer vom „Alpengasthof Kienle“, Anton, war Ende der 50 Jahre auf der Suche nach einer Köchin. So stellte sich Rosmarie dieser neuen Herausforderung. Im Kienle war sie dann bald in allen Bereichen unverzichtbar.
Am 7. Februar 1959 haben sich Anton und Rosmarie dann in Sibratsgfäll das „Jawort“ gegeben. Bald durfte unsere Tante Mimi noch drei Geschwister willkommen heißen. Meinen Onkel Anton und die Zwillinge Konrad und Berti.
Am 3. März 1973 wurde ihr Leben auf eine harte Prüfung gestellt. Ihr Mann, Anton Kienle, musste nach langem, schwe- ren Leiden viel zu früh von uns gehen. Und das nur ein halbes Jahr nachdem sie ihren Vater beerdigen musste. Mit vier Kindern und einem Gasthaus bewies sie wieder wie stark sie sein konnte. Oft hatte sie erzählt, dass sie viel Hilfe durch ihren Glauben und das Gebet erhielt.
In dieser schweren Zeit in ihrem Leben erhielt sie vor allem Unterstützung von ihren Schwestern. Es zeigt wie eng ver- bunden die Stadelmann Schwestern immer schon waren. Mit ihren Schwestern setzte sie sich auch gerne zu einem Jass zusammen. Der Jass Nachmittag jeden Dienstag war ihr bis ins hohe Alter heilig. Auch im Dorf bewies die Kienle-Wirtin Standhaftigkeit und Stärke. Als eine der ersten Frauen war sie von 1978 bis 1990 im Gemeinderat und war dazu noch Ortsbäuerin. Auch Traditionen waren ihr stets eine Herzensangelegenheit und so trug sie voller Stolz ihre Bregenzerwälder Tracht und später dann auch die Balderschwanger Tracht – zu jedem Festtag.
Aber man darf nicht meinen, dass unsere Seniorchefin engstirnig war. Sie hatte unglaubliches Interesse an der weiten Welt und hatte auch immer die Offenheit von ihrer Umgebung zu lernen. So unternahm sie Reisen nach Amerika, Südafrika, Kreuzfahrt im Mittelmeer, Russland sowie Pilgerfahrten nach Israel, Medjugorje und Lourdes.
Dass das Kochen Rosmarie‘s Leidenschaft war, wussten alle die sie kannten. Sie verschlang Kochbücher förmlich. Ihre große Kochbuchsammlung wurde stätig erweitert und ausgebaut. Verschiedene Gerichte machte Sie zu ihrer eigenen Spezialität. Viele Gäste kamen immer wieder ins Kienle um die Kienles Knödel Suppe, KKS oder ihren berühmten Apfelstrudel zu bestellen. Ein großes Lächeln und ein laute Stimme, das verbinden viele mit unserer Oma als Gastwirtin vom Kienle. Und so sind viele Gäste immer wieder wegen ihr zurück nach Balderschwang gekommen.
Im Jahr 1991 musste sie miterleben, wie das Kienle an Weihnachten abbrannte. Das ganze Haus war ein Aschehaufen und keine Versicherung übernahm den Brand. Gemeinsam mit meinem Papa musste sie diesen Schicksalsschlag meistern.
Sie achtete auch immer darauf, dass alle Mitarbeiter körig gegessen haben. Das Wort ‚körig‘ lernte und verstand wirklich jeder Mitarbeiter im Kienle. Es war wichtig dass man ordentlich gearbeitet hat aber eben auch, dass alle ‚körig‘ gespeist haben. Vor 17 Jahren kam Mayda ins Kienle und zwischen ihr und meiner Oma entstand bald schon eine sehr innige Freundschaft. Als unsere Oma dann älter wurde, half ihr Mayda bei allem. Was für ein unglaubliches Glück für Rosmarie und auch für die ganze Familie.
Eine Chronik ihres Lebens wäre wohl kaum komplett, wenn ich nicht von ihrer Vorliebe fürs Kartenspielen erzählen würde. Jeder in Balderschwang kennt sie noch, am Stammtisch sitzend mit ihren Schafkopffreunden.
Im vergangenen September mussten wir unsere Oma, Uroma, Mama, Seniorchefin und Wirtin nach ihrer langen Krankheit im Alter von 90 Jahren verabschieden. Wir sind so dankbar von einer so unglaublichen Person geprägt worden zu sein. In so vielen Winkeln und Ecken des Hauses wird Sie immer spürbar und lebendig bleiben.
"Wir ehren das Alte und grüßen das Neue und bleiben uns Selbst und der Heimattreu!"