Heute stehen wir vor dem Kräutergarten, deinem Garten, im Wäldle in Balderschwang. Zurzeit sehen wir vor allem Schnee. Bedeutet dies, dass der Garten komplett ruht und deine Arbeit damit erst wieder im Frühling beginnt?
Mein Garten ist für mich Erholung, Arbeit und Abwechslung. Ein Geschenk des Himmels! Ich finde es immer sehr schade, wenn dies im Winter aufhört. Doch brauchen auch die Pflanzen ihre Ruhezeit. Natürlich sind die Aufgaben und Arbeiten jetzt anders, es spielt sich vieles in der Kräuterwerkstatt ab.
Wenn du von Wintervorbereitung sprichst, welche hilfreichen Tipps und Tricks hast du für andere Gartenfreunde?
In Balderschwang vor allem, dass man früh genug damit anfängt [Silvia lacht]. Bei uns beginnt der Winter immer früher als gedacht und daher heißt es im Herbst die guten, trockenen Tage ausnutzen. Nach der Ernte werden die Beete nochmals aufgeräumt und gejätet. Dies erspart im Frühling einiges an Arbeit. Dann ist es mir wichtig, kleineren Bäumen und Sträuchern, gerade denen, die neu angewachsen sind, zusätzlichen Halt zu geben. Wir haben dazu aus zwei Holzlatten ein kleines Klappdach gebaut. Dieses stellen wir dann schützend über junge Sträucher, die uns sonst oft unter der schweren Schneelast brechen. Dann ist es ganz wichtig, auch überall im Garten das Wasser abzubauen, damit die Leitungen nicht gefrieren und so kaputt gehen. Für mich gehört zu den Wintervorbereitungen des Gartens aber auch Laub, Totholz und Zweige auf den abgeernteten Beeten zu verteilen. Dies ist nicht nur Schutz vor dem Austrocknen unter dem Schnee, sondern für Insekten und Käfer auch ein idealer Ort zum Überwintern. Darum schneiden wir einige abgeblühte Stauden, wie beispielsweise Brombeerstauden und Goldruten, oft erst im Frühjahr, da sich auch in den Stängeln kleine Tiere einnisten. Ich denke, dass ein naturnaher Garten mit vielen Strukturen nichts nutzt, wenn er im Winter komplett abgeräumt ist. Es ist Natur, also natürlich!
Das ist ein sehr schöner Gedanke. Da du ja einen Kräutergarten hast – was passiert denn mit deinen Kräutern im Winter? Was muss man auch hier in der Vorbereitung auf den Winter beachten?
Wir haben viele mehrjährige Kräuter, denen unsere Kälte nichts ausmacht und die im Frühling wiedererwachen. Die Natur hält es für uns bereit. Es ist immer ein Geschenk der Schöpfung! Dazu gehören unter anderem Currykraut, Frauenmantel, Bergbohnenkraut, Petersilie, Minze, Oregano oder auch Waldmeister. Diese Kategorie der Kräuter benötigt in der Regel auch keinen besonderen Schutz. Wir schneiden strauchförmig wachsende Kräuter, wie Lavendel und Thymian, nicht bis ganz nach unten. Laub und Zweige schützen diese vor Frost. Dadurch werden die Kräuter besser beschattet, sodass die Verdunstungsleistung an sonnigen und kalten Tagen verbessert wird und die Pflanzen dadurch besser an verwertbares Wasser gelangen. Natürlich gibt es auch ein paar, die nur einjährig sind und daher für das nächste Jahr nicht geschützt werden müssen. Borretsch, Ringelblumen und Kornblumen sind alles Pflanzen, die den Winter nicht überleben, aber zuvor ihre Samen von ganz alleine verteilen. Wieder andere, wie Rosmarin, wachsen jedes Jahr in meinem Garten, überleben den Balderschwanger Winter jedoch nicht.
ind das viele Pflanzen und wo dürfen diese ihren „Winterschlaf“ halten?
Dazu gehört zum Beispiel der schon erwähnte Rosmarin, die Zitronenverbene und der Ananas-Salbei. Diese sind ideal an einem hellen und kühlen Platz untergebracht bei Temperaturen um die 10 Grad. Direkt in der Nähe einer Heizung ist dagegen nicht unbedingt ratsam. Wir haben einen guten Keller, der darüber hinaus nicht zu dunkel ist. Andere mögliche Orte zum Überwintern sind Treppenhäuser oder direkt im Gartenhaus, wenn so eines vorhanden ist. Nur das Gießen sollte man nicht vergessen, denn auch in der Winterruhe benötigen Kräuter ein wenig Feuchtigkeit.
Jetzt haben wir viel über die Vorbereitungszeit gesprochen. Was passiert denn während des Winters im Garten?
Also tatsächlich ist es im Garten selbst wirklich recht ruhig. Im glitzernden Weiß sind oft nur ein paar Hasenspuren zu sehen! Dies ist die ideale Zeit, um die geernteten Kräuter zu verarbeiten. Bevor bei uns die Wintersaison richtig losgeht, gibt’s dafür noch Zeit. Ich mische zum Beispiel die getrockneten Kräuter und Blüten zu unseren Kräutertees zusammen. Darüber hinaus werden vor allem die Küchengartenkräuter Bohnenkraut, Petersilie, Fenchelkraut, Thymian etc. nach dem Trocknen zusammen mit feinem Alpensalz gemörsert. Und auch die getrockneten Blüten, wie Rosen, Ringelblumen, Kornblume und Lavendel, werden gemörsert und zu Duftzucker verarbeitet. Gerne stelle ich auch schon das erste Ringelblumen-Parfait her. Dies kann man gut einfrieren und so ein wenig Sommerfarbe in den Winter tragen.
Welche anderen Kräuter tun uns denn im Winter besonders gut?
Ich denke, mein persönlicher Favorit ist das Johanniskraut. Daraus machen wir das kostbare Johanniskrautöl. Es ist auch eine Kindheitserinnerung – auf der Alpe bei meinen Eltern war dieses Öl unverzichtbar und kam bei Mensch und Tier zum Einsatz! Dieses Sonnenkraut leuchtet mich in den großen Gläsern den ganzen Winter über an. Das Öl ist so vielseitig und darum eigentlich das ganze Jahr über ein kleines Wundermittel. Es kann als Balsam bei Verbrennungswunden, Quetschungen und Narben zur Regulierung der beschädigten Hautstellen verwendet werden. Nicht auf offene Wunden – diese immer zuerst mit Arnikatinktur gründlich reinigen und desinfizieren. Auch bei Verspannungen ist dieses Öl ideal zum Massieren geeignet. Wichtig ist nur, dass man damit nicht direkt in die Sonne geht – Johanniskraut erhöht unsere Lichtempfindlichkeit. Es wirkt positiv auf unsere Stimmung und die Psyche. Ein Sonnenkraut! Die Wärme! Das hell Leuchtende! Als Tee für den Balsam von innen. Das Öl vor allem äußerlich.
Das klingt nach einem Öl für jede Hausapotheke. Hast du sonst noch einen Tipp, wie man den Sommer im Winter fühlen kann?
Kräuter können ja nicht nur getrocknet als Gewürze oder Tee verwenden werden, sondern auch als Pesto, also mit Öl haltbar gemacht. Wer genug Platz im Gefrierfach hat, kann im Sommer Gartengrün klein schneiden oder hacken und dann in kleinen Einheiten einfrieren. Wir mischen verschiedene Kräuter immer schon vor dem Gefrieren zusammen. Diese Mischungen sind dann für unsere Kräuterspeisen und vor allem für unser hausgemachtes Kräuterbrot. Das Aroma vieler Blüten können wir in einem Sirup bewahren und dann genießen. Beeren aller Arten geben uns die Wärme und Kraft des Sommers wieder, stärken unser Immunsystem und machen uns froh. Ganz wichtig sind auch die Hagebutten; sie versorgen uns mit Vitaminen. Holunderblüten helfen bei Fieber und schützen uns in der Erkältungszeit.
So haben wir immer ein Stück Garten, Sommer und Wärme im Winter greifbar.